Informationsgesellschaft

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Grundlegendes

Eine Informationsgesellschaft ist eine stark von den modernen Informationstechniken geprägte Gesellschaft. Der Unterschied zur Bezeichnung der modernen Gesellschaft als "Wissensgesellschaft" liegt darin, dass diese das lebenslange Lernen, die Notwendigkeit der Wissensteilung und die Nutzung brachliegender Wissensquellen betont (siehe auch Wissensmanagement). Die Informationsgesellschaft ist eine Gesellschaftsform, in der die Produktion, Verarbeitung und Verbreitung von Informationen zentrale wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rollen einnehmen. Sie ist durch den umfassenden Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) geprägt. Der Übergang zur Informationsgesellschaft markiert eine neue Phase der gesellschaftlichen Entwicklung, die auf die industrielle Gesellschaft folgt (Webster, 2014, S. 1-6).

Historische Entwicklung

Die historische Entwicklung der Informationsgesellschaft zeigt eine lange und facettenreiche Entstehungsgeschichte. Der Begriff "Informationsgesellschaft" wurde erstmals in den 1960er Jahren von Fritz Machlup geprägt. In seiner einflussreichen Arbeit analysierte er den wachsenden Einfluss des Wissenssektors auf die Wirtschaft und Gesellschaft, wobei er besonders die Bedeutung von Wissen als wirtschaftliche Ressource betonte (Machlup, 1962, S. 5-15).

Ein entscheidender Meilenstein in der Transformation zur Informationsgesellschaft war die Verbreitung des Internets in den 1990er Jahren. Diese technologische Entwicklung revolutionierte den Zugang zu Informationen und schuf die Grundlage für globale Netzwerke, die die Art und Weise, wie Menschen kommunizieren und arbeiten, grundlegend veränderten. Die Arbeiten von Manuel Castells, insbesondere sein Werk The Rise of the Network Society (Castells, 2010, S. 65-85), und Daniel Bell, der den Übergang von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft beschrieb, haben die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema weiter vorangetrieben. Sie betonten die zentrale Rolle von Netzwerken und Wissensarbeit in der modernen Gesellschaft.

Neuere Forschungen, wie die von Webster (2014), zeigen, dass die Informationsgesellschaft durch die zunehmende Integration digitaler Technologien in nahezu alle Lebensbereiche weiter voranschreitet. Der Fokus liegt heute nicht nur auf dem Zugang zu Informationen, sondern auch auf deren Qualität, Nutzung und den gesellschaftlichen Implikationen der Datenökonomie. Dieses fortwährende Zusammenspiel von Technologie, Wissen und Gesellschaft macht die Informationsgesellschaft zu einem dynamischen und weiterhin relevanten Forschungsfeld.

Merkmale der Informationsgesellschaft

Technologische Basis:

  • Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie (z. B. Internet, künstliche Intelligenz, Big Data) sind treibende Kräfte der Informationsgesellschaft (Castells, 2010).
  • Automatisierung, Digitalisierung und die Vernetzung aller Lebensbereiche bestimmen den Alltag.

Informationszentrierte Wirtschaft:

  • Informationen und Wissen werden zu zentralen Ressourcen, die Innovation und Produktivität fördern.
  • Der Dienstleistungssektor wächst, während der Anteil der Industriearbeitsplätze zurückgeht (Machlup, 1962).

Globale Vernetzung:

  • Grenzen zwischen Nationen, Kulturen und Wirtschaftssystemen verschwimmen durch digitale Kommunikation und Datenaustausch.
  • Der Zugang zu Informationen schafft neue Formen der Partizipation, aber auch Risiken, wie die digitale Kluft (van Dijk, 2020).

Lebenslanges Lernen und Informationskompetenz:

  • Die Fähigkeit, Informationen kritisch zu bewerten und effektiv zu nutzen, wird als Schlüsselkompetenz angesehen.
  • Bildungsinstitutionen spielen eine wichtige Rolle in der Vermittlung dieser Kompetenzen (Knorz & Kuhlen, 2000).

Chancen und Herausforderungen

Die Informationsgesellschaft bietet zahlreiche Chancen, aber auch Herausforderungen. Eine der grössten Chancen ist die Demokratisierung von Wissen. Durch das Internet und Open-Access-Initiativen können mehr Menschen als je zuvor auf Wissen zugreifen, was die Bildung und den Wissenstransfer weltweit fördert (UNESCO, 2019). Auch neue Arbeitsmodelle eröffnen innovative Möglichkeiten: Remote-Arbeit, digitale Nomaden und die Plattformökonomie schaffen flexible Arbeitsbedingungen, die zuvor nicht denkbar waren. Zudem trägt die Digitalisierung zur Nachhaltigkeit bei, indem datengetriebene Lösungen, wie beispielsweise Smart Cities, eine effizientere Ressourcennutzung ermöglichen.

Auf der anderen Seite stehen jedoch bedeutende Herausforderungen. Die digitale Kluft bleibt ein zentrales Problem, da ungleicher Zugang zu Technologie und Wissen soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten weiter verstärken kann (Hilbert, 2011). Gleichzeitig werfen Datenschutz und Überwachung durch die Verarbeitung großer Datenmengen durch Unternehmen und Regierungen schwerwiegende ethische und rechtliche Fragen auf. Darüber hinaus führt die Automatisierung von Prozessen durch KI und Robotik zum Verlust vieler traditioneller Arbeitsplätze, was umfassende Bildungs- und Umschulungsinitiativen erfordert, um den betroffenen Menschen neue Perspektiven zu bieten.

Literatur

  • Bell, D. (1973). The coming of post-industrial society: A venture in social forecasting. Basic Books.
  • Castells, M. (2010). The rise of the network society: The information age: Economy, society, and culture. Wiley-Blackwell.
  • Hilbert, M. (2011). Digital divide and information inequalities: The five literatures. Information Technology for Development, 17(3), 209–219. https://doi.org/10.1080/02681102.2011.578251
  • Knorz, G., & Kuhlen, R. (2000). Informationskompetenz: Schlüsselqualifikation für die Informationsgesellschaft. In G. Knorz & R. Kuhlen (Hrsg.), Zukunftsperspektiven der Informationsgesellschaft: Herausforderungen für Bildung, Wirtschaft und Politik (S. 68–85). Nomos Verlagsgesellschaft.
  • Machlup, F. (1962). The production and distribution of knowledge in the United States. Princeton University Press.
  • van Dijk, J. A. G. M. (2020). The network society. SAGE Publications.
  • Webster, F. (2014). Theories of the information society. Routledge. https://doi.org/10.4324/9781317964933

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